Ein surrealistischer Witz, den Berger einmal in einer Zeitung las,
war für ihn ein Symptom der Zeit. Wir neigen dazu, über den
Nebensächlichkeiten die eigentlichen Probleme des Lebens zu übersehen,
dachte er sich und schrieb, angeregt durch diesen Witz, ein
bitterernstes Stück.
Raimund Bergers spätexpressionistische
Forderung: "Bekleidet unsere Nacktheit, aber benützt sie nicht als
Litfaßsäule für eure dreckigen Geschäfte!", steht losgelöst von
religiösen und politischen Aspekten frei im Raum. Der junge Bauer
Nick Mann kommt im Laufe der Handlung zur Einsicht, daß der frei
geborene Mensch im Leben seine Freiheit neu erkämpfen muß - diese
Einsicht wird aber durch die Tatsache relativiert, daß er bei diesem
Kampf die Unschuld des reinen Menschen verliert. Der Soldat Martin
von Tours hat mit einem frierenden Bettler seinen Mantel geteilt -
daraus entwickelt Berger das geradezu aussichtslose Beginnen des
Gerechten, in seiner Umwelt zu bestehen.
Die symbolische Ballade
wurde 1953 in Bonn uraufgeführt und 1954 von dem nur 49 Personen
fassenden Theater "kaleidoskop" im Keller der Secession in Wien
gespielt. Bergers klare, knappe, bisweilen wuchtige Sprache ist
beeindruckend; seine Ballade aber aus dramaturgischen Gründen eher als
Hörspiel, denn als Bühnenstück geeignet. |