Anna Karenina

Untertitel:
Sendefolge:

Autor/Autorin: Lew Nikolajewitsch Tolstoi
Bearbeitung: Viktor Suchy

Regie: Christian Möller
Regieassistenz:

Darsteller:
Musik:
Ausführende (Tätigkeit):
Tontechnik:

Erstsendung: 1946-11-17
Sendezeit:
Wiederholung: 1947-12-25
Sendeanstalt: Radio-Wien (RAVAG II, nach 1945)
Abteilung: Russische Stunde
Inhalt:

WDR-Programmheft: "Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre besondere Art unglücklich", lautet der erste Satz in Tolstois berühmtem Roman. Zu Beginn der Juni 1870 spielenden, spannungsgeladenen Handlung führt die der russischen Oberschicht angehörende Familie Karenin ein geordnetes, zufriedenes Leben. Die Katastrophe bahnt sich an, als die schöne, warmherzige Anna Karenina, die ihren zwanzig Jahre älteren Mann achtet und ihren kleinen Sohn anbetet, dem männlich kraftvollen Offizier Graf Vronskij leidenschaftlich verfällt. Zwischen der ersten, schicksalhaften Begegnung auf einem Moskauer Bahnhof und Annas Selbstmord unter den Rädern eines Eisenbahnwagens liegen die Stationen ihres durch tragische Verstrickung heraufbeschworenen Leidensweges. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf, als Anna, die sich in ihrem unbezähmbaren Drang nach Glück für den Geliebten entschieden und Mann und Kind verlassen hat, erkennt, daß die Gesellschaft in ihrer Liebe nur den Fehltritt sieht und sie das Los einer Ausgestoßenen auf sich nehmen muß. Sie klammert sich nun an ihre Liebe, der sie alles geopfert hat und die sie um jeden Preis bewahren will. Dieser Kampf um die letztlich absolute Inbesitznahme des Geliebten führt zwischen ihnen zur Entfremdung, die nach einer Phase erbitterter Eifersuchts- und Haßausbrüche in Hoffnungslosigkeit mündet. Anna findet aus dem Gefängnis ihrer seelischen Qualen nicht mehr heraus.
Die Großstädte Moskau und Petersburg mit ihren Adelspalästen, Bällen und Salons, ihren Offiziersclubs und Theatern bilden ebenso die Schauplätze wie die Güter der ländlichen Aristokratie, Mit pessimistischem Scharfblick hat Tolstoi das Brüchige der kulturellen und moralischen Ordnung einer ganzen Gesellschaft festgehalten, Ständig wechselt der Autor den Blickpunkt, von dem aus er seine Gestalten sieht: aus der Distanz, einkesselnd, hautnah. Wen er eben noch bei komischen Manifestationen ertappt, zeigt er darauf von seiner erhabenen Seite, um ihn dann in einer Gruppenaufnahme kläglich verschwinden zu lassen. Eine der großen Liebesgeschichten der Weltliteratur und zugleich ein episches Kolossalgemälde des zaristischen Rußlands von nie mehr erreichter Eindringlichkeit.
Die Rache ist mein, ich will vergelten." Diesen Bibelspruch hat Tolstoi seinem Roman, einem der größten Liebesgeschichten der Weltliteratur, vorangestellt. Aber das heißt nicht, die Gesellschaft habe seine Heldin zurecht wegen ihres Ehebruchs bestraft. Für den Autor, den moralische Fragen tief bewegten, hat sich Anna Karenina in einem höheren Sinn versündigt. Das moralische Problem ist nicht ihre Liebe zu einem anderen Mann, sondern daß diese Liebe rein sexueller Natur ist. Tolstoi war der Ansicht, daß eine Liebesbeziehung nur wahr ist, wenn sie außer auf sinnlichen Freuden auch auf Achtung, Verantwortlichkeit, Zärtlichkeit und Aufrichtigkeit gegründet ist. Dieses Ideal wird von zwei anderen Hauptfiguren, Levin und Kitty, verkörpert. Im Gegensatz zu Annas und Vronskijs Verbindung basiert ihre Ehe auf christlich-spirituellen Vorstellungen. Ihr Leben ist zwar prosaischer und ruhiger, aber voll Harmonie. Wieder anders geht es in der Familie von Annas Bruder Stiva zu. Die Geschichte des Ehepaars Oblonskij spiegelt die Problematik der beiden Haupterzählstränge auf der alltäglichen Ebene wider: Annas Schwägerin Dolly vergibt ihrem notorisch untreuen Mann um ihrer fünf Kinder willen und weil sie ihn liebt. Für Tolstoi war ein Ehepaar mit Kindern durch ein göttliches Gesetz für immer aneinander gebunden.


Weiterführende Angaben:  
interne Quellen:  
externe Quellen:  
Bemerkungen: Kartoncover (über normalem Cover)
Archivstatus: Inventarnr.: 001_0522, Umfang (Seiten Scans): 71
Patenschaft:  


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