Bahr hielt sich einmal für einen Propheten; uns Heutigen, durch so
vielerlei Weltgericht Hindurchgegangenen, bedeutet er eher einen
Genießer, der auf der Bühne wie im Romanbuch amüsant zu fabulieren weiß.
Überall steckt da ein Stück des alten und verklungenen Österreichs, und
wenn es vielleicht nicht ganz so in Wirklichkeit gewesen ist, so
gefällt uns leichtblütige Umdeutung nur noch besser. Was das Lustspiel
"Der Krampus" betrifft, so mutet es an wie ein Selbstbildnis des Autors,
in die Werther-Zeit hineinkomponiert. Dieser Hofrat Negrelli, dieser
Wüterich aus Unsicherheit und melancholischer Lebenssehnsucht, ist er
nicht Hermann Bahr in der Geist- und Herztracht von 1775? Zugegeben, daß
wir heute wichtigere Probleme haben als die Frage: Wie kommen junge
Schwärmer aus ihren poetischen Nebeln in ein klares Eheglück? Aber warum
nicht einmal genießerisch in jener amüsanten Problemlosigkeit
ausrasten? "Krampus" ist der Spitzname des Hofrats Negrelli, dessen schrulliger
Charakter im Mittelpunkt der Komödie steht, die ein Kulturbild der
Wiener Wertherzeit mit ihrer sentimentalen Schwärmerei gibt, welche
damals die Salons beherrschte. |