Das Funktionieren einer Mordmaschinerie aus Grausamkeit und
Pedanterie wird auf historische Distanz gebracht, ohne den Zeitbezug zu
den Nazis zu verlieren. Die Mordjustiz bedient sich des Gesetzes, der
abstumpfenden Alltäglichkeit und einer Hierarchie von Kompetenzen, um
sich nicht der Verantwortung stellen zu müssen. Fouquier-Tinville
hat seit Jahrzehnten als öffentlicher Ankläger des Revolutionstribunals -
immer genau im Auftrag der jeweils Regierenden - mit falschen Zeugen
und erpreßten Geständnissen die Royalisten und wenig später die
Girondisten, die Jakobiner, Danton und schließlich Robespierre auf das
Schafott gebracht. Nun ist die Verfolgungswelle abgeschlossen. Die
Republik fühlt sich sicher, will die berüchtigten Sondergesetze außer
Kraft setzen und wünscht dringend, die eigene blutige Vergangenheit zu
"bewältigen". Fouquier-Tinville muß fallen und dem empfindsam gewordenen
Gewissen der Öffentlichkeit geopfert werden. Nur er selbst, vertraut
mit allen Winkelzügen einer skrupellosen Justiz, kann diesen Fall
'bereinigen'. (HR-Programmheft) |